TRAVEL INSIDE Interviewportrait: Carla Riss von Sense of Travel und Meraki Travel.
Carla Riss gründete mit Sense of Travel den Gruppenreisen- und Individualreisen-Anbieter Meraki Travel. Wieso wir die Jungen nicht ans Internet verloren haben, was sie sich von der Branche wünscht und wer vor allem mit ihnen unterwegs ist, erzählt sie TRAVEL INSIDE im folgenden Interview.
Carla Riss, erzählst du uns etwas über deinen Werdegang zu Sense of Travel bis zu Meraki Travel?
Ich bin gelernte Buchhändlerin und habe nach der Lehre zwei Jahre in einer Buchhandlung gearbeitet und bin nebenbei viel gereist. Da ich die Reiseabteilung betreut habe, habe ich immer wieder die Kunden zu ihren Reisen beraten.
Mir gefiel der Job und ich entschied mich, Tourismus an der IST in Zürich zu studieren. Danach war ich fünf Jahre als Reiseberaterin bei Globetrotter tätig und jeweils drei Monate pro Jahr auf Reisen.
Wen sprecht ihr mit euren Gruppenreisen bei Meraki an?
Wir sprechen Leute an, die ein Land auf eine aktive und besondere Art erleben möchten. Der Fokus liegt vor allem auf einem jüngeren/aktiven Kundensegment, wir nehmen aber jeden mit. Momentan ist gerade ein 60-jähriger auf unserer Zentralasien-Reise dabei. Das Durchschnittsalter bei den Gruppenreisen ist zwischen 25 und 45 Jahre alt und weiblich.
Haben wir die Jungen nicht schon längst ans Internet und die Reiseportale verloren?
Nein, das erleben wir anders. Natürlich gibt es viele Personen, die im Internet buchen. Jedoch nehmen wir ein zunehmendes Sicherheitsbedürfnis wahr und eine gewisse Überforderung.
Das Angebot im Internet ist riesig und unübersichtlich. Auch junge Menschen schätzen einen direkten und persönlichen Kontakt. Sie haben viele Fragen an uns und möchten vor Ort neue Leute kennenlernen. Das deckt Meraki ab.
Und wie sieht es finanziell aus, die Jungen haben doch nie Geld!
Bei unseren Gruppenreisen ist alles dabei. Flüge, Unterkünfte, Transfers und viele Erlebnisse, so muss der Kunde vor Ort fast kein Geld mehr einkalkulieren. Ausserdem bauen wir unser Angebot bei denn Individualreisen auf eher preisgünstigen und trendigen Destinationen auf, so, dass sich junge Menschen das Abenteuer leisten können.
Euer Kundensegment ist überwiegend weiblich. Woran liegt das?
Dies ist auch bei anderen Gruppenanbietern in der Branche mit denen wir engen Kontakt pflegen der Fall. Frauen gehen lieber auf eine Gruppenreise.
Zudem ist es uns wichtig, das Gruppengefühl stets im Vordergrund zu haben. Wir machen immer ein Kick-off Meeting in der Schweiz vor der Reise, einen WhatsApp Chat und sind für alle Fragen und Anregungen da. So entsteht eine Community, auf die sich alle freuen.
Zudem sind unsere Tage nicht von morgens bis abends mit Programm gefüllt, wir wollen den Kunden vor Ort auch Zeit für sich selbst geben. Wir agieren im deutschsprachigen Raum und wir reisen zusammen ab der Schweiz.
Mit Sense of Travel bietet ihr ja ebenfalls Gruppenreisen an. Was ist anders bei Meraki? Wie sprecht ihr die Jungen an? Wie kommuniziert ihr?
Bei Sense of Travel ist es weniger Abenteuer und der Hotelstandard ist höher. Bei Meraki eher ein junges und budgetbewusstes Publikum. Beide haben aber immer eine Schweizer Reiseleitung dabei.
Mit Meraki Travel fokussieren wir uns klar auf eine jüngere Zielgruppe. Wir haben Marketingkampagnen mit Universitäten und vermarkten unsere Produkte vor allem über Social Media.
Die Kommunikation mit Meraki-Kunden läuft auch über WhatsApp oder Instagram. Wir führen eine grossartige Zusammenarbeit mit der Content Creatorin Marina Fischer. Bei beiden Marken machen wir auch Retailing für Gruppen und Individualreisen.
Was bietet ihr den Reisebüros?
Meraki bietet den Reisebüros 12% Kommission auf Gruppenreisen und Individualreisen. Wir stehen auch unterstützend zur Seite mit neuen Reiseideen ‘Off the beaten track’. Mit uns können Reisebüros massgeschneiderte Reisen für ein junges Publikum zusammenstellen.
Ein Beispiel ist das Abseilen von Wasserfällen in Sri Lanka oder andere Erlebnisse in Sulawesi, Vietnam, Kolumbien und viele weitere Destinationen. Es sind auch schon Partnerschaften mit Reisebüros in Planung, die jüngeres Publikum ansprechen möchten. Es ist uns wichtig, die Zusammenarbeit und den Kontakt in der Branche zu fördern.
Wir werden nur besser, wenn wir uns untereinander vernetzen und nicht gegeneinander arbeiten. Fam Trips sind auch geplant. Zudem sind wir mit den Airlines in Kontakt und haben gute Konditionen.
Was kommt 2025?
Wir haben wieder grossartige Gruppenreisen im Angebot. Zudem bauen wir unsere Individualtrips aus und bieten auch Reisen für Schulen, Firmen und Vereine an. Auch Reisebüros können ihre Gruppen bei uns massgeschneidert zusammenstellen lassen.
Zudem wollen wir uns in der Branche mehr vernetzen, planen eine Event-Reihe zum Thema Reisen und wollen die Tourismuslandschaft in der Schweiz ‘verjüngen’ mit unseren Angeboten und Ideen.
Ist Nachhaltigkeit bei den Jungen tatsächlich ein Thema, wie uns die Medien glauben machen wollen?
Dies kann man nicht pauschal beantworten. Auf Ferien zu verzichten oder nicht zu fliegen ist offenbar weniger ein Thema. Oder anders gesagt, es schien schon wichtiger.
Meraki Travel konzentriert sich auf ein bewusstes Reisen. Wir inkludieren die Flüge bei den Langstreckenzielen, damit die Kunden nicht viermal umsteigen, nur weil es günstiger ist. In Europa lassen wir die Anreise ganz weg, da die Kunden selbst entscheiden sollen, wie sie anreisen möchten.
Während der Reise legen wir Wert auf kleine, von von Locals geführte Agenturen. Wir nehmen auch mal den Nachtzug in Vietnam oder den öffentlichen Bus in Sri Lanka, übernachten in Guesthouses und kommen ganz nah in Kontakt mit den Menschen vor Ort, auch das ist Nachhaltigkeit.
Wie siehst du die Entwicklung der Branche allgemein, der jungen Generation im speziellen?
Natürlich wird mir immer wieder die Frage gestellt, ‘aber die Branche ist doch am Aussterben, wieso hast du Meraki Travel ins Leben gerufen?’
Ich erlebe viele tolle, junge Mitarbeiter*innen im Tourismus, die leider irgendwann die Branche verlassen, wegen fehlender Weiterbildungsmöglichkeiten und geringen Löhnen. Dabei haben wir viele tolle junge Leute im Tourismus mit einer grossen Leidenschaft für die Branche!
Diese wollen wir erreichen. Wir dürfen den Wandel nicht verpassen. Es wird sich vieles ändern, aber ich denke, die Menschen werden den persönlichen Kontakt immer mehr zu schätzen wissen. Wir müssen weiterhin gute Ausbildungsmöglichkeiten schaffen, uns untereinander vernetzen und uns den Herausforderungen stellen.
Es ist eine harte Branche, die Margen sind klein, die Konkurrenz gross und gegenüber dem Internet können wir uns nur mit persönlichem Service und aussergewöhnlichen Angeboten abheben. Ausserdem sollten wir noch mehr auf Vernetzung setzen, anstatt, dass jeder für sich selbst schaut.
Und wohin reist du 2024 noch?
Ich war bereits einen Monat in Mexiko, dann in Albanien und Frankreich. Für mich geht es noch auf einen Fam Trip nach Nordindien und im Oktober mit dem Van durch Europa. Ich freue mich auch auf unsere Meraki Reise ‘Frauen und Weine’ ins Piemont. Im November ist noch eine Gruppenreise nach Nepal geplant.
Und wohin geht die Reise mit Meraki?
Wir möchten in der Branche, bei unseren Partnern und Direktkunden als Reiseveranstalter für ein junges Zielpublikum wahrgenommen werden. Viele spannende Projekte und Kooperationen sind geplant. Neben den Reisen ist eine Event Reihe für ein jüngeres Reisepublikum geplant, wo wir auch auf Content Creators und Erlebnisse setzen.
Text erstmalig im TRAVEL INSIDE erschienen am 10.07.2024