Wir sind immer mal wieder in Frankreich, auch vor ein paar Monaten wieder. Wir besuchten Freunde und lernten da viele neue Leute kennen. Männer, Frauen, Mütter, Väter, Singles… Alles mögliche halt. Die Gespräche mit diesen Menschen, denen ich vorher noch nie begegnet bin, verliefen irgendwie anders als gewohnt. Aber ich konnte lange nicht sagen, woran das lag.
Der Austausch war spannender, vielseitiger. Erst als wir am ersten Abend müde ins Bett fielen, ging mir ein Licht auf. Ich wurde von diesen Menschen doch tatsächlich gefragt, was ich im Leben mache. Männer UND Frauen fragten mich das! Nicht nur «wie viele Kinder, wie alt und wo wohnt ihr?». Nein, auch «Und was machst du im Leben?». Nicht «und was machst du SONST im Leben?», als wäre Kinder haben ein Job. Die Frage bezieht sich auf deine Tätigkeit in deinem Leben. Denn das Leben besteht bei den Franzosen bekanntlich nicht nur aus dem Eltern sein. Und meines eben auch nicht.
Eltern zu sein, ist meines Erachtens ein Zustand. Vielleicht gar eine Lebensart. Wie blond sein. Oder sportlich sein. Oder vegan zu sein. Das ist weder ein Job und noch weniger ein Beruf. Für manche ist es vielleicht eine Berufung. Zu denen gehören aber weder wir, noch unsere Freunde. Und offenbar auch nicht diese Menschen, die uns da vorgestellt wurden. Finde ich persönlich sehr sympathisch.
Denn natürlich reden wir gerne über unsere Kinder. Ist ja auch meist ganz lustig, der Nachwuchs. Oder nervig. Und das zu besprechen, kann durchaus interessant sein. Für eine Weile. Aber eben: Das Thema ist nicht abendfüllend. Die Tatsache, dass ich so verwundert darüber bin, dass man mich als Mutter danach fragt, was ich im Leben mache, sagt viel über die Kultur hierzulande aus. Die Mutter-Kultur vor allem. Väter werden auch in der Schweiz an Partys gefragt, was sie im Leben machen. Da werden gar Business-Tipps und Visitenkarten ausgetauscht. Nicht selten hat mein Mann als Freelancer so neue Aufträge reingeholt.
Ich auch. Vor den Kindern. Seit ich Mutter bin, verteile ich höchstens Visitenkarten unserer Osteopathin oder des Kinderkleidershops. Ich würde so gerne über meinen Beruf sprechen. Es fragt nur keiner danach! Ausser an so definierten Networking-Events, ist mir schon lange keine andere Mutter, kein anderer Vater begegnet, der mich bspw. am Elternabend oder Dorffest fragt, was ich tue. Oder die, die es schon wissen, wie das Geschäft laufe.
Für viele bin ich einfach die, die mit ihren Unternehmen ihr Ego auslebt (auf Kosten des Ehemannes) und ihren eigentlichen Job, nämlich das «Mutter sein» vernachlässigt. In der Schweiz arbeiten die meisten Mütter nicht Vollzeit; das gehört sich einfach nicht.
Bei welcher Gelegenheit wurdest du das letzte Mal gefragt, was du in deinem Leben tust?
Ausser Mutter zu sein?